Meine Texte zum Nachhören und Nachlesen
Tanz der Versöhnung
Tanz der Versöhnung
Tanz der Versöhnung
Ich tanze, ja, ich tanze,
tanze den Tanz der Versöhnung,
den ganzen Tag, die ganze Nacht
tanze ich, stampfe ich,
stampfe tiefe Fußabdrücke
in den warmen Lehmboden.
Ich tanze mit offenen Armen,
tanze für mich und für Dich,
tanze den Tanz der Versöhnung
für mich und Dich, Papa,
ja, Dich, für Dich und mich,
für uns beide, für unsere
beginnende Zeit der Versöhnung,
auf dass sie lange währen möge…
Nach langen, langen Zeiten
des Kampfes und des Krampfes,
nach großer Verzweiflung
und Übergriffen Deinerseits
auf meine kleine Seele
und meinen kleinen, kindlichen Körper,
als ich drei Jahre alt war,
nach Jahren der Wiederholungen,
Jahren der Verwirrtheit,
der Unsicherheit und des Schmerzes,
nach dem Jahr der Aufdeckung,
als ich 22 Jahre alt war,
und nach weiteren 26 Jahren voller Wut,
voller Hass, voller Zorn,
voller Traurigkeit und erneuter Verzweiflung,
voller Abschied und Erleichterung über Dein Fortgehen,
nach dieser Zeit kehrt Ruhe ein –
jetzt endlich kehrt Ruhe ein, und Frieden,
Ruhe und Frieden zwischen uns,
zwischen Vater und Sohn,
zwischen Dir und mir,
zwischen Dir, Papa, und mir, Lothar, Deinem Sohn…
Inzwischen kann ich mich wieder
als Dein Sohn fühlen, Papa,
als Dein leibhaftiger Sohn,
mittlerweile bist Du wieder
mein Vater für mich, mein Papa,
ich kann Dich wieder meinen Papa nennen,
was 30 Jahre lang unmöglich war,
ist jetzt wieder möglich geworden,
und dafür möchte ich Dir Danke sagen,
Danke für Dein Warten und Deine Geduld,
danke, dass Deine Seele mich so lange
hat toben lassen,
danke, dass ich mich mit Dir versöhnen durfte
und noch darf…
Komm, Papa, lass uns tanzen,
gemeinsam tanzen,
ich reiche Dir meine Hände,
damit Du sie nimmst
und wir zusammen tanzen können,
und zwar den Tanz der Versöhnung,
den Tanz der Vergebung,
den Tanz der Freude,
der Einigkeit und des Verständnisses,
des Respekts und der Freundschaft,
komm, Papa, lass uns tanzen und uns
über die wiedergewonnene Freundschaft freuen,
eine Freundschaft zwischen Vater und Sohn,
lass uns tanzen,
Hand in Hand, Arm in Arm,
und lass uns nur aufhören,
damit noch mehr Ruhe einkehren kann,
in unsere Seelen,
in unser Sein und Wesen,
Ruhe und Frieden,
die wir in unserem Tanz der Versöhnung ausstrahlen
in alle Welt und alle Himmelsrichtungen,
ausstrahlen durch unsere Körper, unsere Füße,
durch den warmen Lehmboden hindurch,
bis in das Innere der Erde,
bis in das Innere dieses Planeten…
(zur Musik des Albums „Leahkastin“ von Mari Boine)
ls