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Wapti, die Sonnenblume - Teil 1

Wapti, die Sonnenblume - Teil 1

Es war einmal ein schönes, großes Sonnenblumenfeld. Da wohnten ganz viele Sonnenblumen: große und kleine, dicke und dünne, leuchtende und blasse. Und inmitten dieser Sonnenblumen wohnte auch Lollo. Lollo war eine große und kräftige Sonnenblume, die ab und zu auch mal leuchtete, wenn die Sonne vom Himmel schien und es ihr besonders gut ging.

Eines schönen Tages, als die Sonne wieder einmal herrlich warm war, lernte Lollo zwei neue Sonnenblumen kennen: Ronja und Wapti. Sie lebten zusammen und waren von einem benachbarten Sonnenblumenfeld nicht weit von hier hergezogen, weil ihnen hier die Sonne besser gefiel. Die drei befreundeten sich schnell, denn sie mochten sich sehr und hatten sich viel zu erzählen. Ronja war groß und schlank und mit ihren vielen Blättern konnte sie wunderbare Schattenspiele auf den Boden zaubern. Wapti hingegen war klein und schlank, und wenn er sich im Wind geschickt bewegte, dann konnte man leise und zarte Musik hören.

Lollo konnte mit seinen Sonnenblumenkernen gut Spuren im Feld legen und Ronja und Wapti liebten es, diese Spuren zu lesen. So befreundeten sich die drei immer mehr. Manchmal unternahmen sie zu zweit oder zu dritt kleine Ausflüge in die Umgebung, manchmal saßen sie aber auch einfach nur beisammen und lauschten Waptis Musik oder Worten, denn Wapti wusste viel zu erzählen.

Doch eines Tages verschwand die Sonne und es begann zu regnen. Da nahm Ronja Lollo beiseite und erzählte ihm eine Geschichte: Ein kleines Tier sei vor langer Zeit gekommen und habe sich in Wapti hinein vergraben. „Ein kleines Tier?“, fragte Lollo ungläubig. „Ein kleiner Krebs!“, erwiderte Ronja traurig. „Und dieser kleine Krebs“, so erzählte sie weiter, sitze seitdem in Waptis Körper und werde immer größer und größer. Lollo bekam Angst. „Aber wieso?“, fragte er wieder. „Warum, das weiß ich auch nicht“, antwortete Ronja, „aber sicher ist, dass er immer größer wird, weil er sich von Wapti ernährt, und vielleicht wird Wapti eines Tages daran sterben.“

Lollo schossen die Tränen in die Augen. „Wapti? Sterben?“ Das konnte nicht sein. Er begann bitterlich zu weinen. Noch nie hatte er jemanden verloren, der ihm so nahe stand. Er fühlte sich hilflos und wusste nicht, was er tun sollte. So weinte er eine Weile vor sich hin, mal laut schluchzend, mal stille, leise Tränen. Und auch wenn Lollo nicht wusste, wie es weiter gehen würde, so hoffte er doch, dass der Regen bald nachließ und die Sonne wieder scheinen würde, um den großen bösen Krebs aus Waptis Körper wieder zu vertreiben.

ls

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